Freitag, 3. Januar 2025

Ist Ossak 8 000 Jahre alt?

Wie die Besiedlung der Gemarkung Ossak Jahrtausende in die Vergangenheit rückte und was ein unscheinbares Stück Feuerstein damit zu tun hat.


Wie viele Dinge im Leben begann auch diese Sache mit einer ganz harmlosen Frage. Wie alt ist denn das Zweistraßendorf Ossak wirklich? Diese wurde während der letzten Himmelfahrt-Radwanderung des Finsterwalder Heimatkalender an Dietmar Böttcher gestellt. Bald war klar, die Antwort darauf konnte möglicherweise der Finsterwalder Heimatkalender geben.
Sieben Monate später waren die Vorbereitungen soweit fortgeschritten, dass die Frage durch einen Vortrag und eine Zeittafel für Ossak beantwortet werden konnte.

Manfred Rothe und Dietmar Böttcher vor dem Publikum.
Donnerstag den 12. Dezember 2024 war es dann soweit. Schnell füllte sich das Gemeindezentrum Ossak mit Besuchern. Bald wurde es eng im Raum.

Dorfbewohner drängen sich in den Raum.
Kurz darauf musste der Jugendclub von nebenan mit zusätzlichen Stühlen aushelfen.

Überhaupt war an diesen Abend im Gemeindezentrum Ossak viel Betrieb. Im Jugendclub brannte auch bereits Licht und es wurde geheizt. Im Nachbargebäude feierten die Senioren des Ortes ihre Weihnachtsfeier. Gelegenheit für den Fotografen auch dieser Runde einen kurzen Besuch abzustatten.

Senioren Ossak bei der Weihnachtsfeier.
Inzwischen liefen noch letzte organisatorische und technische Vorbereitungen.

Letzte Absprachen zwischen Dietmar Böttcher und Manfred Rothe.
Die Veranstaltung sollte aufgezeichnet werden. Das übernahm der Seniorenvertreter Bernd Zickert.

Bernd Zickert beim Aufbau der Videotechnik.
Kurz nach 19:00 Uhr eröffnet Bernd Zickert die Veranstaltung.

Eröffnung durch Seniorenvertreter Bernd Zickert.
Noch eine kurze Vorstellung der Kollegen des Finsterwalder Heimatkalender: An den Vorbereitungen im Feld waren die beiden Bodendenkmalpfleger Manuel Franke und Bernd Jühnichen beteiligt. An der Technik Christina Funke, Organisation Bernd Böttcher, Fotograf Volker Kock, Vortrag und Autor der Zeittafel Manfred Rothe.

Dieser begann seinem Vortrag gleich mit einer Frage: Wer von den anwesenden Einwohnern hat denn Tonscherben aus seinem Garten oder Feld mitgebracht? Als Beispiel hielt Manfred eine große Tonscherbe hoch.

Manfred Rothe mit einer großen Tonscherbe.
Tatsächlich meldete sich eine Einwohnerin. Sie hatte einen Glasfund mit gebracht. Weitere graue Tonscherben folgten. Alle bei Begehungen der letzten Jahren in der Gemarkung Ossak gefunden.

Neuzeitlicher Glasfund, den eine Einwohnerin zur Verfügung stellte.

2 Tonscherben aus germanischer und slawischer Zeit in der Gemarkung Ossak.
Wenige Augenblicke später rückte die Besiedlungsgeschichte der Gemarkung Ossak ca. 8 000 Jahre in die Vergangenheit, in die mittlere Steinzeit.

Pfeilspitze aus der mittleren Steinzeit (Mesolithikum).
Der Grund ist eine flache Feuerstein-Pfeilspitze, wie sie von den Menschen damals zu Vogeljagd genutzt wurde.

Nun war die Spannung im Raum groß. In der folgenden Stunde ging es rasant durch die Jahrtausende. Auch die Nachbarn Münchhausen und Sonnewalde kam nicht zu kurz.

Gespannte Blicke zur Leinwand.
Anhand von mehreren Karten der Gemarkung Ossak, führte Manfred Rothe durch die Besiedlungsgeschichte. Farbige Punkte markierten wichtige Fundpunkte von Artefakten der vorzeitlichen Besiedlung.

Karte der Gemarkung mit Fundstelle der Pfeilspitze aus der mittleren Steinzeit.
Steinzeitliche Messer, Pfeilspitzen und Schaber zur Lederbearbeitung folgten.

Steinzeitliches Messers aus der Jungsteinzeit vor ca. 6 000 Jahren.
Schaber aus der Jungsteinzeit.
2 500 Jahre später siedeln zahlreiche bronzezeitliche Bewohner in der Gemarkung Ossak.

In der frühen Eisenzeit (vor 2 700 Jahren) ging die Besiedlung stark zurück. Bisher ist nur eine Besiedlung im nordwestlichen Teil gefunden worden. Frühe Germanen der Jastorf-Kultur, bestatten gemeinsam mit Siedlern der Frühen Eisenzeit ihre Toten in der Region. Offenbar ein Beispiel gelungener Integration.

In der Frühgeschichte vor etwa 1 800 Jahren ist die Karte der Gemarkung wieder voller grüner Fundpunkte. Germanen haben hier die Reste ihrer Eisenverhüttung in Form von Ofensauen und Eisenprodukten zurück gelassen. Raseneisenstein (Erz) war der Schlüssel zum Erfolg.

Gemarkung Ossak in der Frühgeschichte.
Gegen 19:30 Uhr ist der Vortrag in der Zeit der slawischen Besiedlung zwischen 7. und 12. Jahrhundert angekommen. Doch davon gibt es bisher kaum archäologischen Zeugnisse. Lediglich an einer Stelle ganz im Nordwesten der Gemarkung Ossak fand sich slawische Keramik. Ein Grund für das Fehlen der Besiedlung ist nicht bekannt. Doch möglicherweise, so Manfred Rothe, ändert sich das noch. Denn die slawische Besiedlung in den Nachbargemarkungen ist ja hinreichend belegt.

Ab 1200 steigt die Besiedlung wieder deutlich an. Frühdeutsche Siedler aus dem Flamland trafen ein. Es waren Flüchtlinge vor den politischen Unruhen in Flandern und einer großen Sturmflut an der Nordsee. Sie gründen den Ort Ossak. Doch an ganz anderer Stelle. Im Norden am Kreuzungspunkt zweier wichtige Straßen der Gegend. Heute noch Das alte Dorf genannt.

Gemarkungskarte mit der Lage des Alten Dorfes Ossak.
Von nun an geht es historisch belegbar weiter. Alte Ackerflächen im Ossagker Wald, zeugen von der landwirtschaftlichen Nutzung und wirtschaftlichen Entwicklung, die das Land um Ossak nimmt.

Ab 1354 sind erste historische Dokumente zu finden. Kirchenregister und Lehens-Urkunden. Später kommen erste Kartenwerke und Siegel dazu.

Erste Karte mit der Ortschaft „Oßsig“ darauf.
Sie spiegeln eine wechselvolle Geschichte des Ortes wieder, wiederholt durch Kriege, Herrschaftswechsel und durchziehende Heer bedroht.

Im Dreißigjährigen Krieg wäre Ossak fast ausgelöscht worden. Die Folgen von Krieg und Pestjahren sind so dramatisch, dass der Ort an heutiger Stelle neu aufgebaut wird. Danach erholt sich Ossak langsam wieder.

Ab der Neuzeit, etwa 1744, nimmt die Menge der historischen Daten so zu, dass das Manfred Rothe nur noch auf besondere Ereignisse eingehen kann. In der Neuzeit ist die Geschichte des Ortes stark mit den Mühlen um das heutige Ossak und an der ehemaligen Siedlungsstelle verbunden.

Manfred Rothe führt durch die Zeiten.
Im Neunzehnten Jahrhundert wächst die Bevölkerung des Dorfes, wie die ersten Statistiken zeigen. 
Immer ist die Geschichte des Ortes auch an die Herrschaft Sonnewalde gebunden.

Bald ist der Abend in der Wende zum 20. Jahrhundert angekommen. Erste Fotos und Zeitungsanzeigen tauchen auf. Zur Fastnacht wurde eingeladen. Anwesende beginnen die Fotos der alten Gebäude und Mühlen im Dorf zuzuordnen. Erste Ansichtskarten des Ortes erscheinen. Ein wichtiger Eckpunkt, Elektrizität im Ort 1927 und das erste öffentliche Telefon.

Die beiden Weltkriege rissen große Löcher in die männliche Bevölkerung von Ossak. Namen der Gefallenen werden beispielhaft genannt. Anwesende erkennen ehemalige Verwandt unter den Namen der Gefallenen wieder. Danach geht es in den Daten schnell vorwärts. Familiengeschichte kommt anhand alter Fotos zu Tage und verwandtschaftliche Beziehungen werden wieder entdeckt. So geht es weiter bis fast in die Gegenwart.

Natürlich gab es auch Kurioses zu sehen. Beispielsweise den Weinglas-Gucker.

Blick ins Glas. In Ossak wissen auch Katzen ein gutes Tröpfchen zu schätzen.

Zeittafel Ossak

Diese und viele weitere Fakten, Fotos, Karten etc. sind in der Zeittafel für den Ort Ossak festgehalten, was Manfred Rothe nun vorstellt.

Heft 21, Zeittafel für Ossak, vom Teil 2 der Veröffentlichungen des Finsterwalder Heimatkalender.
Karton mit den fertigen Zeittafel-Heften.
Der Vortrag endet dort wo er begonnen hat, bei den Tonscherben. Verbunden damit die Aufforderung an alle Bewohner sich auf ihren Feldern, in den Gärten und Grundstücken aufmerksam umzusehen und nach Scherben, Feuersteinen oder alten Gegenständen und Unterlagen zu fahnden. Denn wie der Abend gezeigt hat, es besteht weiterer Forschungsbedarf. Beispielsweise ist da die große Lücke der slawischen Besiedlung zu schließen. Aber auch die ferne Vergangenheit kann noch so manches Interessante zu Tage fördern. Wer etwas findet soll sich gern an den Finsterwalder Heimatkalender und seine Bodendenkmalpfleger wenden.

Gegen 20:30 Uhr hat der Vortrag länger gedauert als gedacht. Zwar ist die Frage wie alt Ossak tatsächlich ist, nicht abschließend beantwortet. Doch eines ist allen Anwesenden klar geworden, die Siedlungsgeschichte der Gemarkung Ossak reicht viel weiter zurück als gedacht, bis tief in die Steinzeit hinein. Und sie ist viel interessanter als erwartet.

Schnell zeigte sich, das Ende des Vortrages war noch lange nicht das Ende des Abends, schon gar nicht das aller Fragen. Dafür standen die Mitglieder des Vereins gern zur Verfügung. Wovon nun reichlich Gebrauch gemacht wurde. In erster Linie natürlich erst mal an Manfred Rothe. Hier noch einige Foto-Impressionen der Diskussions- und Fragerunde.

Fragenden Dorfbewohnerin.
Antworten vom Vereins-Chef.
Gespannte Zuhörer.
Erster Blick in die Zeittafel Ossak.
Natürlich stehen auch die beiden Bodendenkmalpfleger im Fokus.

Manuel Franke geht auf Fundstücke ein.
Die beiden Bodendenkmalpfleger Rothe und Franke im Gespräch mit Einwohnern.
Intensives Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden.
Diskussionsbedarf.
Zuhörerin.
Spät wurde es an diesem Abend. Während im Gemeindezentrum noch die Gespräche liefen war draußen vorweihnachtliche Ruhe eingezogen.

Vorweihnachtliche Stimmung vor dem Gemeindezentrum.

Was bleibt?

Ein sehr interessanter Abend und ein Dorf, dass seine Geschichte und Herkunft weit in die Vergangenheit gerückt hat.

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Finsterwalder Heimatkalender

Autor: V. Kock
Fotos: V. Kock

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